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Windelfrei – Kinder ohne Windel großziehen, geht das?

windelfrei

Windelwechseln gehört zum Alltag mit Baby für die meisten Eltern mit dazu. Am Anfang ist es durchaus normal, dass ein Baby bis zu zu zehn Windeln am Tag benötigt. Mit der Zeit wird das weniger. Vor allem mit der Einführung von fester Kost reguliert sich die Verdauung bei vielen Kindern nochmals. Der Windelinhalt wird dann meist insgesamt fester und wird weniger oft abgesetzt, während bei voll gestillten Kindern der Stuhl meist sehr weich ist und sehr häufig am Tag in der Windel landet.

Die meisten Kinder werden um ihren dritten Geburtstag herum trocken. Bis dahin haben sie im Durchschnitt etwa 5000 Windeln verbraucht. Zwar wickeln die meisten Eltern mit den Wegwerfwindeln, die in jedem Drogeriemarkt zu erwerben sind und die es heute in allen Farben, Passformen und Preisklassen gibt. Während unsere Großeltern noch umständlich einzelne Stoffwindeln auswaschen mussten, erscheint das System der Wegwerfwindeln vielen modernen Eltern als sehr praktisch und zeitsparend. Doch immer mehr Eltern hinterfragen dieses System des Wickelns auch zunehmend kritisch. Wer nach Alternativen zu den herkömmlichen Windeln sucht, landet schnell beim Begriff „windelfrei“. Doch was verbirgt sich hinter windelfrei, welche Vorteile und welche Nachteile gibt es?

Windelfrei – was bedeutet das eigentlich?

Hinter dem Konzept windelfrei steht die Überzeugung, dass Babys nicht zwangsläufig Windeln brauchen. Eine Windel dient dazu, die Ausscheidungen sicher und hygienisch aufzufangen, damit Kleidung und Umgebung nicht verschmutzt werden. Und während viele Eltern sich gar nicht vorstellen können, dass gerade Neugeborene ohne Windel auskommen können, sind Anhänger von windelfrei der Überzeugung, dass alle Babys und Kinder ihr Bedürfnis nach Ausscheiden so klar kommunizieren können, dass man auf Windeln verzichten kann.

Warum windelfrei?

Wer sich für das Konzept windelfrei interessiert oder es voller Überzeugung praktiziert, kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Vor allem Eltern, die ihr Kind möglichst natürlich erziehen möchten, empfinden herkömmliche Windeln als künstlich und unnötig. Hinter einem Leben ohne Windeln kann aber auch schlicht die Erfahrung stecken, dass einfach nicht alle Kinder die Windeln am Po gut vertragen. Gerade, weil die heutigen Windeln extrem saugfähig sind, werden die Windeln auch nicht mehr ständig gewechselt. Viele Produkte sind außerdem mit Zusätzen verstehen, so zum Beispiel speziellen Lotionen oder Geruchsstoffen. Kinder mit einer empfindlichen Haut können auf diese Zusatzstoffe reagieren. Dies macht sich durch einen roten, wunden Po bemerkbar. Natürlich lohnt in diesem Fall oft der Versuch, einfach die Windelmarke zu wechseln. Bei der heutigen Auswahl an Produkten stellt es kein Problem dar, einfach eine andere Marke auszuprobieren. Dennoch machen viele Eltern die Erfahrung, dass ihre Kinder mit einer Windel am Po ständig eine gereizte Haut haben. So kommen sie zum Konzept windelfrei.

Doch auch, wenn Babys und Kleinkinder die Windeln an sich sehr gut vertragen, kann windelfrei eine Alternative sein. Jede Windel, die im Restmüll landet, vergrößert die Müllberge der Welt. Dessen sollten sich alle Eltern bewusst sein. Auch, wenn Windelhersteller hier schon neue Technologien in Sachen Umweltfreundlichkeit entwickelt haben diese Entwicklung sicher noch nicht abgeschlossen ist, sind die Müllberge an Windeln enorm und können die Umwelt sehr belasten. Für Familien, in denen der Gedanke des Umweltschutzes sehr präsent ist, kann auch aus diesen Gründen das Thema windelfrei eine Option sein.

Der Versuch, auch ohne Windeln gut durch den Alltag zu kommen, kann auch in Sachen Kosten interessant sein. Natürlich ist es heute möglich, Windeln in allen Preiskategorien zu erwerben. Es muss nicht immer das teure Markenprodukt sein, wenn immer wieder unabhängige Tests auch günstigen Alternativen eine sehr gute Qualität bescheinigen. Dennoch kostet jede Windel Geld und gerade Babys verbrauchen sehr viele Windeln. Windelpakete sind vermutlich das Produkt, was in einem Baby-Haushalt am meisten eingekauft wird. Wer komplett auf Windeln verzichtet, kann einige Euro im Monat sparen!

Und wie soll das gehen, windelfrei?

Das Konzept Windelfrei basiert im Wesentlichen darauf, die Signale des Kindes zu erkennen, wenn es ausscheiden muss. Ob und wie gut das gelingt – daran scheiden sich natürlich die Geister. Fakt ist, dass es durchaus viele Familien gibt, die komplett oder weitestgehend ohne Windeln auskommen, weil sie die Signale des Kindes zu interpretieren wissen.

So, wie jedes Kind unterschiedlich ist, so können auch die Signale, die ein Pipi ankündigen, ganz unterschiedlich sein. Doch auf einige Zeichen und Routinen können Eltern ganz bewusst achten. Generell ist bei Babys das Bedürfnis auszuscheiden oft während des Trinkens oder danach groß. Zeichen, denen man ansonsten vielleicht keine große Bedeutung beimisst, können aber sehr wohl als Bedürfnis sich zu erleichtern verstanden werden. Viele Kinder, die „mal müssen“, werden beim Trinken unruhig, lassen Flasche oder Brust immer wieder los, weinen scheinbar ohne Grund, denn sie bekommen doch gerade zu trinken oder sollten doch eigentlich satt sein. Weinen kann ein Zeichen dafür sein, dass Blase oder Darm drücken und das Kind sich Erleichterung verschaffen will. Manche Forscher, die sich mit windelfrei beschäftigen, gehen bei diesen Zeichen davon aus, dass es auch für Babys ein kein natürlicher Vorgang ist, sich in eine Windel zu erleichtern. So, wie viele Urvölker ja auch keine Windel kennen und ihre Ausscheidungen ganz natürlich unter sich fallen lassen, könnten auch die Babys unserer modernen Zeit sich vom Plastik am Po gestört fühlen.

Insofern sind viele von windelfrei überzeugte Eltern der Ansicht, dass gerade in den ersten Wochen, in denen die Babys noch keinerlei Eindrücke der modernen Zivilisation abgespeichert haben, die Signale ganz deutlich sind und nur von den Eltern entsprechend interpretiert werden müssen. Viele Skeptiker fragen sich in dem Zusammenhang auch, wie ein Baby denn bitte beim Schlafen Signale aussenden kann, die es den Eltern erlauben, Pipi und Co. rechtzeitig abzufangen. Doch auch hierauf haben überzeugte windelfrei-Familien eine Antwort: Das Unterbewusstsein registriert auch im Schlaf, wenn die Blase drückt. Viele Babys, die entsprechend aufmerksam beobachtet werden, werden im Schlaf unruhig, erwachen, bewegen sich hin und her. Bietet man ihnen dann die Möglichkeit, sich zu erleichtern, schlafen viele danach entspannt weiter.

Und wie sieht windelfrei praktisch aus?

Das Zauberwort heißt abhalten. Abhalten bedeutet, dass Kind beispielsweise über ein Eimerchen zu halten, was man anschließend reinigt. Viele Familien halten ein Kind auch über das Waschbecken, wenn es nur um das kleine Geschäft geht. Man mag dies auf den ersten Blick unhygienisch finden, aber bei genauerem Nachsinnen wird man feststellen, dass weitaus unhygienischere Abfälle und Schmutz im Waschbecken landen als ein Pipi. Dies ist schnell weggespült, das Waschbecken gegebenenfalls einmal ausgewischt. Sobald Stuhl uns Spiel kommt, eignen sich kleine Gefäße, über die man den Babypo halten kann, natürlich besser. Es gibt mittlerweile auch spezielle Eimerchen zu kaufen, die sich gut festhalten lassen und die Größe des Kinderpos berücksichtigen.

Vorteile des Alltags ohne Windeln

Die Nachteile der Windeln sind die Vorteile des Konzepts windelfrei. Eine Haut, die auf Windeln mit Reizungen reagiert, kommt natürlich ohne Windeln besser klar. Auch das Geld und der Müll, den man sich spart, können für viele Familien eine Rolle spielen. Vielen Eltern ist aber auch schlicht der Gedanke wichtig, einen möglichst natürlichen Umgang mit dem Baby zu leben. Ein weiterer möglicher Vorteil: Kinder, die ohne Windeln aufwachsen, können früher trocken werden als ihre Altersgenossen. Der Grund hierfür ist, dass die modernen Windeln die Feuchtigkeit so perfekt binden, dass das Kind gar nicht mehr spürt, dass es nass ist. Wer das aber nicht spürt, kann gleichzeitig auch nicht sehr früh ein Gespür für seine Ausscheidungen entwickeln und diese kontrolliert auf der Toilette verrichten. Kinder, mit denen man auch bewusst übt, auf Signale zu achten, um sie dann schnell abzuhalten , haben hier möglicherweise das bessere Gespür für ihren Körper.

Nachteile ohne Windeln

Nicht alle Eltern schaffen es, mögliche Signale des Kindes so sicher und vor allem so rechtzeitig zu deuten, dass sie gut abgehalten werden können. Wer ein Kind hat, was gerade trocken wird, weiß: Manchmal muss es ganz schnell gehen. Wer nachts zum dritten Mal die Wäsche gewechselt hat, weil das Baby schneller Pipi gemacht hat als das Eimerchen da war, hat vielleicht nicht mehr so viel Lust auf das Konzept. Hierzu muss man sagen, dass wie alles im Leben auch das Deuten von Signalen geübt werden kann, und Eltern, die deutlich darauf achten, wie das Kind sich vor dem Ausscheiden verhält, werden hier auch oft Erfolge verzeichnen können. Aber nicht alle Babys verhalten sich wie im windelfrei-Lehrbuch, und dann können Windeln die bessere Alternative zur durchnässten Kleidung sein. Auch ist windelfrei in manchen Situationen schwer praktizierter, denn in einem Café oder einem überfüllten Zug möchte nicht jeder sein Kind abhalten und kann vielleicht auch gar nicht so schnell reagieren.

Viele Familien praktizieren deswegen einen Kompromiss: Sie nutzen beispielsweise nachts oder auf Reisen Windeln, üben sich aber zuhause im windelfrei. Wie immer im Leben mit Kindern gilt: Jede Familie muss ihren Weg finden, und wenn alle zufrieden sind, ist dieser Weg auch richtig.

Quellen:

Bildnachweis:

  • https://pixabay.com/de/photos/aktiv-baby-baby-windel-baby-beine-4027571/

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